Sonntag, 2. Juli 2017



Medizin

Arzt/ Schwester zu sein bedarf es …

Es ist zum Verzagen. Warum ich mich so lange nicht gemeldet habe? Weil ich ständig irgend eine Arbeit zu erfüllen hatte. Wenn das „outcome“ so wäre, dass ich mich nun zurück lehnen und zufrieden auf die Ergebnisse schauen könnte, wäre das ja okay. Wenn man jedoch von einem Frust in den nächsten läuft, dann braucht man ausgesprochen starke Nerve.

Beginnen wir also im Mai und arbeiten und langsam in den Juni vor.

Warum ich zunächst nicht an Euch schreiben wollte, lag einfach daran, dass ich das Gefühl hatte mich zu wiederholen. Des Weiteren wollte ich  keine Begleitung in ein ausgesprochen emotionales Tief. Es ist schon schlimm genug selber nicht helfen zu können, bringt aber herzlich wenig, wenn die Menschen die einen lieben genau dem gleichen Gefühl ausgesetzt sind.
Innerhalb von drei Wochen sind die Säuglinge in unserer Obhut wie die Fliegen verstorben. Zusätzlich kamen Unfälle, Ertrinkungsunfälle oder schwerste Hirnentzündungen dazu, die unter den schon früher beschriebenen Umständen nicht zu retten waren.

Das war alles selbst für mich ein wenig zu viel.
Hinzu kam die Verzweiflung über Systemfehler, die selbst hier nicht sein müssen, Ärzte die heroische Medizin einsetzen ohne jeden Sinn und Verstand und sich auch noch selber beglückwünschen dafür, dass sie sich so engagiert haben. Dass sie möglicher Weise mit der Wahl ihrer Interventionen, Nicht-Handlung und vor allem Medikamente den Patienten noch leichter ins Jenseits befördert haben, kommt ihnen nicht in den Sinn und es besteht nicht ein Funken Platz für einen solchen Gedanken.

Ich habe in einer Woche so viele Frühchen wie nicht in drei Jahren Göttingen verloren und konnte lediglich daneben stehen. Was jedoch viel schwieriger mit mir selbst auseinander zu setzen ist, ist die Tatsache, dass mind. 3 dieser Kinder vielleicht eine Chance gehabt hätten. Wenn ich 24 Stunden zugegen wäre und dauernd den Patienten beobachten könnte und die Therapien konstant selber entscheide, wenn wir Krankenschwestern hätte die unter „nursing care“ das verstehen, was man daheim darunter versteht und wenn ein Basisequipment ständig verfügbar wäre (siehe unten angefügte Liste). Das mag ein wenig komisch klingen aber ich versuche es hier mal zu erklären.

Es beginnt damit, dass Neugeborene aus allen Ecken der Stadt einschließlich umliegende Provinzen (also Fahrzeiten bis locker 3 Stunden oder mehr) in den ER = Emergency room gebracht werden.
Somit hat man schon mal keinen Einfluss auf die Geburtssituation (Dinge wie „Newborn Resuscitation“ kommen gerade erst bei den Hebammen in den Provinzen an, sind also nicht grundlegend etabliert und schon gar nicht haben wir Ahnung von respiratorischer Anpassung).
Dann besteht hier die Regel, dass jeder Patient mind. 24 Stunden im ER verbringt bevor klar ist auf welche Station er verteilt werden soll oder ob er auch nach Hause gehen könnte.
Ein Punkt an dem ich gerade säge, denn das ist für die Versorgung schon mal Teil 1 meiner Probleme. Ich mache zwar einmal pro Woche Visite im ER, aber kann am Ende nur beraten, was sie dann umsetzen, ist eine andere Sache. Ich habe mich bereit erklärt jeder Zeit hinzukommen wenn sie Fragen haben, aber von allein kommen sie nicht auf den Gedanken davon Gebrauch zu machen. Wir merken uns = Strukturproblem!

Nebenbemerkung: wir wollen nicht vergessen, dass wir uns in einem, wenn auch komischen postkommunistischen System befinden. Es ist also nicht einfach eine vorgefundene Struktur einfach aufzulösen – so müssen das technische Büro, der ER Chef und auch die Intensivstation in Form des derzeitigen Interimschefs zustimmen. Am Ende könnte es sein, dass der Direktor des Krankenhauses oder die Abteilung für Abrechnung damit doch nicht einverstanden ist, aus welchen Gründen auch immer und schon fällt eine Übereinkunft in sich zusammen.

Wenn ich Glück habe oder die Kollegen im ER keine Lust auf Frühchen, dann kommt das Kind weitgehend sofort auf die Station. Gelegentlich war es möglich Blut abzunehmen, dann dauert es nur noch 4-6 Stunden oder auch mal bis zum nächsten Tag bis ich das Ergebnis sehen kann. Woran das liegt? Schwer zu sagen. Wir haben die Möglichkeit Blutergebnisse innerhalb von zwei Stunden zu bekommen, manchmal vergessen die ärztlichen Kollegen aber das Häkchen auf dem Zettel zu setzen und wo kämen wir denn da hin, wenn wir mitten im Prozess den Auftrag ändern (okay, ich gebe zu das war jetzt zynisch) oder sie vergessen einfach die Befunde abzuholen im Labor (es ist unnötig zu erwähnen, dass wir aber auch nicht vom Labor angerufen würden bei extrem auffälligen Werten, so geschehen bei einem Bilirubin Wert von 33 mg/dl, über den ich am Montag – also einen Tag später – bei meiner Visite auf der Normalstation stolperte – zum Glück handelte es sich aber um einen Laborfehler, keine der möglichen Interpretationen hat irgendjemand interessiert).

Nebenbemerkung: ich arbeite nun schon seit zwei Monaten daran unsere Blutabnahme Techniken zu verändern, denn die dauernden Abnahmen mit Butterlfy führen zu unnötigen Verwerfen von Blut im Zulaufschlauch und schlechten Elektrolyt oder anderen Werten. Aber es nützt halt nichts den Prozess auf der Station anzustoßen, so lange eine Anweisung von „oben“ kommt, also „Head nurse“ der Klinik oder technisches Büro oder wer auch immer. Wir merken uns = Strukturproblem!

Zurück zu unserem potentiellen Patienten. Ich persönlich sehe ja ganz gerne Blutzuckerwerte. Aber auch wenn wir bereits Standards für die Aufnahme auf Station besprochen haben, heißt das noch lange nicht, dass diese umgesetzt werden. Somit muss ich bei jedem Patienten erneut darum bitten durch Anordnung oder selber nach den Ergebnissen fragen. Nun haben wir ja bekannter Weise kein Surfactant. Aber frühe Intubation wird eben auch gern vermieden, denn dann muss das Kind ja an einer der beiden Maschinen überleben oder ein Verwandter muss halt handbeuteln. So kommt man also z.B. am Montag zur Arbeit, findet ein schnaufendes bis auf die Wirbelsäule einziehendes 1,3 kg Kind vor und meist kommt dann auch die Intubation zu spät. Ach so, CPAP gibt es wohl nicht so richtig oder nur so halb.

Nebenbemerkung: Es gibt ein paar CPAP-Maschinen, irgendwo deponiert. Wenn man so etwas genauer wissen will, muss man selber auf die Suche gehen. So fand ich nach 4 Monaten letztendlich doch die EEG Maschine (diese ist aber nicht mehr funktionsfähig und der Arzt der vor ein paar Jahren nach Korea geschickt worden war um EEG zu lernen, ist leider an einem Hirntumor verstorben – Kommentar des technischen Büros: „Wir haben damit leider wieder eine „human resource“ verloren“– so kann man es auch ausdrücken…) Zurück zum CPAP, der Mann der in Frankreich immerhin mal Neonatologie gelernt hat Ende der 90er, hat auch Kurse zu CPAP belegt, leider hat man dabei vergessen, dass die Indikation es einzusetzen gut bekannt sein sollte. Und wenn man es aus Faulheit, Desinteresse oder weil man eben nur am Vormittag in diesem System arbeitet dann nie einsetzt, dann geht das Wissen leider verloren. Intra- wie interindividuell. Da hilft dann auch die Vorladung beim Direktor oder im technischen Büro nicht weiter. Wir merken uns = Strukturproblem!

Jetzt denkt man ja, wenn man Therapie und Screening standardisiert, wissen alle was sie zu tun haben. Aber das dauert nun mal viele Monate, wenn nicht Jahre. Davon können die meisten erfahrenen Schwestern und Ärzte sicher lange Epen singen. Somit ist unklar wann und wie wir unsere Nahrung steigern, dass Muttermilch dringend gefragt ist, dass man mit unter 32 SSW eben nicht genug per Mund trinken kann, dass man auf dem Bauch liegend besser verdauen kann, vor allem wenn man so schnaufen muss etc. etc. etc. Aber viel dramatischer ist die Tatsache, dass man ganz gewiss stirbt, wenn man keine Verwandten hat die sich um einen kümmern. Meine frustranen Begegnungen mit diesem System gingen inzwischen soweit, dass ich mich ernsthaft frage, was eigentlich der Sinn einer Krankenschwester in diesem System ist. Denn sogenannte Pflege kann es nicht sein. Es sei denn, wir verstehen darunter nur Medikamente spritzen, Infusion wechseln und Blut abnehmen und Zugang legen.
Dass man Patienten mal bettet, die Mutter oder meist die Oma nach ihrem Befinden fragt oder auch sonst einfach nur den Monitor oder einfach nur das Kind klinisch beobachtet, das kann ich hier nicht wirklich wahrnehmen.
Anderseits wenn in einem solchen merkwürdig hierarchischen System der Interimschef als Arzt über die Dienstpläne der Schwestern entscheidet, dann kann man sich denken welchen Stand sie haben. Und auch erst letztes Jahr wurde beschlossen, dass eine Krankenschwester doch zumindest 250 US$/Monat verdienen soll, quasi als Mindestgehalt. Es beißt sich hier die berühmte Katze jedoch in den Schwanz. Auf die Frage warum jemand denn unbedingt in einem staatlichen Haus arbeiten will, wenn er doch so viel mehr in privaten Krankenhäusern verdient, kommt stets die Antwort mit der späteren Rente/ Pension, die eben nun in staatlichen Häusern verfügbar ist. Ob das nun rechtfertigt, dass das staatliche Krankenhaus zum „Vormittagskrankenhaus“ wie ich es nenne mutiert, ist eine andere Frage. Ich vermiss schlicht Empathie und so einen Funken von Nächstenliebe. Das dürfte doch hoffentlich nicht ganz so gehaltsabhängig sein (ich Naivling). 

Nebenbemerkung: Ich arbeite daran die Position der Pflegekräfte zu stärken, denn eine „moderne“ Neonatologie ohne ausreichend ausgebildete Pflegekräfte kann nicht funktionieren. Und bisher kommen die Schwestern nur als „willenloses Material“ in den Plänen vor. Das verrückte – trotz multipler Prozesspläne, hat sich der Direktor überlegt es wäre besser schon mal den Dienstplan der Schwestern umzustellen. Das führte zu unsagbarer Unruhe unter den Pflegekräften, stundenlangen Diskussionen und am Ende haben es eben Ärzte entschieden. Mein zaghafter Einwand, es wäre doch hilfreich vielleicht erstmal klar darüber zu sein, wie viele Betten eigentlich nun zur Intensivstation und zur allgemeinen Säuglingsstation gehören sollen und dann sich klar zu werden wie viele Schwestern man eigentlich braucht, wurde nickend zur Kenntnis genommen. Fazit – es gibt offenbar klare Ministeriumsvorgaben und Direktoren Ideen bezüglich der Personalplanung, an jedem Bedarf vorbei und ohne Berücksichtigung der Realität (klingt ein wenig wie deutsche Krankenhauswirtschaft nur offensichtlicher inkompetent…) Wir merken uns = Strukturproblem!

Zurück zum Alltag: Neben den vielen Kindern, die ich verloren habe an Dingen wie respiratorische Insuffizienz und nekrotisierende Enterokolitis und Hirnblutung, bleiben immer einzelne Kinder im Gedächtnis. Zum Beispiel finden sich hier unklare Häufungen von Gallengangsatresien oder verwandte Erkrankungen wie zum Bespiel nur minimale Anzahl von Gallengängen. Ich habe in 16 Jahren Beruf zusammengenommen nicht so viele Leberfehlbildungen getroffen. Auch intraventrikuläre Blutungen bei reifen Neugeborenen nach 15-21 Tagen kommen gehäuft vor, ohne dass ich dem jeweils ein Trauma oder traditionelle Medizin zuordnen kann (Vitamin K Mangel wird häufig diskutiert, aber beweisen kann ich es mit den besagten Mitteln nicht).

Ähnlich wie die schon geäußerte Trauer über das Kind mit den Fehlbildungen empfand ich einen Frühgeborenen Jungen der 28 SSW, der zurück gelassen wurde. Er war eindeutig ein Kämpfer, jeder der in der Medizin arbeitet, weiß es gibt so ein bestimmtes Gefühl mit dem man merkt jemand will leben oder nicht, egal wie alt. Er wollte leben. Hätte er es schaffen können? Ich denke ja. Als er die erste Nacht bei uns überlebt hat, überwog die Verwunderung darüber bei mir. Er lag da so alleine, niemand um ihm regelmäßig Nahrung zu geben oder die Windeln zu wechseln. Das machen dann die jungen Assistenzärzte. Ich habe mit ihm gesprochen in seinem Inkubator, betrachtet seine Kraft  und habe ihm in Aussicht gestellt, er könne mich nach Deutschland begleiten, wenn er „das hier“ überlebt. Ich gebe zu, kein sehr professioneller Gedanke. Andererseits tanzt man hier viele Tänze mit dem Schicksal. Und da kann man nicht immer rationale Wege gehen. Aber dadurch, dass niemand an seiner Seite war, haben wir nachts die respiratorische Krise nicht mitbekommen. Ich habe um ihn gekämpft, konnte aber nicht 48 Stunde am Stück an seiner Seite sein. Er war intubiert, hatte sich schon ein wenig stabilisiert, am nächsten Morgen war er tot. Ob nur der Tubus verlegt war, wir mal wieder nicht abgesaugt haben oder ein anderes Problem bestand. Ich werde es nie erfahren. Denn klare Ursachen und Diagnosen sind hier wahrlich keine Stärke, geschweige denn Fehlermanagement.

Warum ich das erwähne? Weil es mich schier verrückt macht, dass Kinder die im Krankenhaus zurückgelassen werden, nur überleben wenn Sie eigentlich gesund sind. Wir schaffen es momentan ohnehin nicht oder nur in sehr seltenen Fällen Kinder unter 30 SSW durchzubringen. Aber wenn sie verstoßen sind, haben sie schlicht keine Chance (wenn das kein Strukturproblem ist, weiß ich es auch nicht).
Überhaupt, was ist mit diesem Land los? Warum wird eigentlich jede zweit Woche ein Kind hier zurück gelassen? Warum hat das Land so eine hohe Abtreibungsrate? Es gibt dazu viele Gedankenansätze und Meinungen, ich werde im privaten Teil dazu näher eingehen.

Mein letztes Beispiel für Systemfehler: ich kam eines Morgens früher als gewöhnlich zur Arbeit. Die Assistenzärzte schliefen tief und fest, sie haben nicht gemerkt, dass ich mich neben ihnen umzog. Keine Schwester oder Pfleger zu sehen, die schliefen ebenfalls in ihrem Raum, in der Regel sind es zwei. Der zuständige Oberarzt, der sonst lediglich zum Schlafen kommt, war heute schon ausgegangen um zu frühstücken. Soweit so gut, keine ungewöhnliche Situation für eine Station in Kambodscha. Schließlich hat man ja Angehörige, die das Kind sondieren, wickeln oder aber Alarm schlagen, wenn der Monitor doch nicht aufhört zum bimmeln. Ich gehe in den eigentlichen Stationsbereich mit den Betten, weil ich die Beatmungsmaschine höre und noch weitere Pieps Geräusche und finde eine Frau vor, die ein sehr sehr schlecht aussehende Baby mit der Hand bebeutelt, während der Monitor lustige 54% Sauerstoffsättigung anzeigt, die Beatmungsmaschine läuft noch und beschwert sich lauthals nicht konnektiert zu sein, der Monitor beschwert sich über die niedrige Sättigung und das Wärmebett hat auch irgendwelche Klagen. Das Kind ist neu und ich tippe mal auf eine unsere häufigsten Diagnosen – Asphyxie. Zusammenfassend nach Klärung der Situation hätte man dem Kind z.B. mit ein wenig Blut helfen können. Ob es zu retten gewesen wäre, steht auf einem anderen Blatt. Es war jedoch seit dem Vorabend 22 Uhr bei uns. Dass man es aufgab, okay. Damit könnte ich noch leben. Aber dass man die Tante des Kindes mit den Geräten und der Tatsache, dass man für das Kind nichts tun kann allein im Raum lässt, während diese panisch den Monitor betrachtet wie die Sättigung immer weiter abfällt, das war bei allem Verständnis für kulturelle Unterschiede auch mir zu viel. Ich bin innerlich nicht nur einmal explodiert und habe unter anderem eine Beschwerde beim technischen Büro eingereicht. Zusammenfassend haben dann alle ein Treffen gehabt, wo sie nochmals darüber belehrt wurden, dass sie nicht zum Schlafen auf die Station kämen.
Geändert hat sich aus meiner Sicht bisher nichts!

Arbeiten, die sich aus meinem täglichen Arbeitsleben ergeben: Weiterbildung jede Woche, vorbereiten, durchführen und immer immer immer wieder dasselbe sagen. Firmen schreiben, was sie mir anbieten können, Bestellungen ausschicken, und nun kann ich zumindest Coffein citrat ins Land bekommen. Auf der Intensivstation jede Anordnung überprüfen, sowie dreimal pro Woche die anderen 20 Neugeborenen in der restlichen Klinik aufsuchen und versuchen zu retten, was zu retten ist in ihrer Behandlung. Mal wieder einen Zugang legen, nachdem das Kind bereits 12 mal (das ist nicht übertrieben sondern eine „echte“ Zahl) frustran gestochen wurde. Intubieren. Ultraschall Schädel mit einem Abdomenschallkopf für 12 Jährige. Endlosen Sitzungen beiwohnen bevorzugt in der besten Arbeitszeit. Alle Kinder selber untersuchen, da leider die Qualität der Beobachtung individuell sehr unterschiedlich ist. Großmütter mit Übersetzung nach den wenigen Informationen fragen, die man zur Geburt oder Schwangerschaft bekommen kann.
Zur Abwechslung ein Kind mit Epilepsie betrachten und die limitiere Auswahl von zwei vielleicht drei Medikamenten ansetzen. Nachsorge von entlassenen Kindern, wie Entwicklung oder Ernährung, sowie die Notwendigkeit für Physiotherapie (ja, die gibt es hier wirklich, allerdings ist diese nichts für schwache Nerven und Weinen dabei ist einfach Pflicht für die Säuglingen…) Und jeden Tag versuchen zu verstehen warum denn nun dieses oder jenes angesetzt wurde und was denn nun unsere Arbeitshypothese ist. Ich habe nicht die geringste Ahnung warum dies ausgerechnet in diesem Land so unsagbar schwierig ist und warum die Einschätzung der Patienten so verquer ist zu allem, was ich bisher in Entwicklungsländern erlebt habe.

Anstehen tun noch etliche andere Arbeiten – weitere Netzwerke aufbauen z.B. zu anderen Laboratorien, da wir nur begrenzte Möglichkeiten haben. Dazu gehört eine bereits bestehende zaghafte Kooperation mit dem Institute Pasteur. Vielleicht kann man darauf aufbauen. Kooperation mit Apotheken, denn das was wir anbieten können ist quasi ein Witz. Da hat man es in Indien und auf den Philippinen eindeutig leichter. Intensivkurse – damit auch die Ärzte mal lernen einen Zugang zu legen, denn ohne dieses Basiswissen brauchen wir gar nicht mit zentralen Kathetern anfangen! Auch Knochennadeln sollten gelernt werden. Ein Krankenhaus aus Melbourne, Australien hat angeboten vielleicht Reanimationskurse regelmäßig zu geben, neben Lehre über die Beatmung. Das wäre grandios, wenn ich das nicht allein als „Bedside Teaching“ machen müsste. Dokumentationssysteme einrichten, denn bisher habe ich nur meine eigene Statistik. Nachsorgeprogramme aufbauen. Denn ich sehe die Frühchen bereits nach der Entlassung, aber noch gibt kein klar strukturiertes Programm. Blutentnahme Techniken verändern, hat bisher noch nicht so durchgegriffen. Auf die Standards pochen und weiterentwickeln, das kann noch Jahre dauern… Das Antibiotika Regime umstellen, denn so geht es echt nicht weiter, wer weiß wie viele Kinder in Kambodscha schon taub geworden sind nach Gentamicin usw. usw. usw.

Es wird also gewiss nicht langweilig. Nebenbei versuche ich ja gemäß meiner Aufgabe die Provinzen zu unterstützen durch die Zusammenarbeit mit der GIZ. Das ist insofern ermunternder, da man da nicht als Einzelkämpfer fungieren muss und Kollegen, wie die nette Gynäkologin aus Indien trifft, mit denen man sich auf Augenhöhe austauschen kann. 

In Zukunft wird es so sein, dass ich die medizinischen Beiträge eher als Tagebuch oder Kurzeinträge weiter schreiben werde. Einerseits, weil mir manchmal schlicht die Zeit fehlt und ich Euch aber an den Schicksalen der vielen Kleine hier teilhaben lassen möchte. Andererseits, weil es immer wieder vorkommen wird, dass es mich emotional runter drückt und ich dann wirklich nicht schreiben will oder kann. Und ein wenig Filter muss einfach sein, auch zum Schutz meiner Lieben daheim.

Auf der Basis meines letzten Hilferufs gab es schon das ein oder andere Echo. Eine wirkliche Lösung für etwas hat sich leider nicht daraus ergeben. Darum nun hier eine Liste mit Materialien, die ich gebrauchen kann. Bitte sammelt diese gerne. Es dürfen auch abgelaufene Materialien sein. Nur bitte Vorsicht in deutschen Krankenhäusern dürfen diese nicht einfach mitgenommen werden ohne Einverständnis der Geschäftsführung, es handelt sich dann um Diebstahl! Bitte beachten!
Sollten sich Materialien für mich finden, werde ich dann schon schauen wie ich diese hier her verfrachtet bekomme. Sollte jemand von Euch eine Gartenparty planen mit Tombola oder Lust zum Spendensammeln haben, liste ich die zwei bis drei Dinge, die ich täglich vermisse und eigentlich dringend brauche. Inzwischen habe ich auch lokale potentielle Geldquellen angeschrieben. 

Beatmungsmasken und Beutel für Frühgeborene, Neugeborene und Kinder

!!!!Braunülen oder Viggos G 26!!!!                                                                                                      

!!!!Kanülen (zum Blutabnehmen) klein !!!!

!!!!Intubations Tuben 2/ 2,5 / 3 und 3,5 OHNE Cuff !!!!

Drei-Wege-Hähne

Kurze oder mittellange Verbindungsschläuche für Zugänge

Nullstopfen

Absaugfallen

Geschlossene Absaugsysteme

Einschwemmkatheter/ Silastic/ Umbilical Katheter

Atraumatische Lumbalkanülen schwarz, kurz und lang

Ätzstein

Nabelbändchen

Metall Klemmen

Mini Butterfly (grau)

Stülpa Verbände

Margill Zange klein und groß

Briefwaagen

Sauertsoffsensoren nelcore

Peakflowmeter für Kinder und Jugendliche


Sparen tue ich auf zwei Geräte, die die dringend gebrauchen kann:

SONO GERÄT MIT SINNVOLLEN SCHALLKÖPFEN

BLUTGASANALYSE GERÄTE

Ein weiteres Gerät wird im nächsten Jahr fällig:

BERA ODER ADÄQUATES HÖRTEST GERÄT besonders für Säuglinge

Korrosion ist bei diesem Klima nicht ungewöhnlich

Eines der Wärmebetten, die noch gehen. Der Säugling sollte sich vielleicht nur nicht zur Seite drehen können ;-)

Wenn man einen Knopf nicht mehr gebrauchen kann.

Man kann nicht sagen, dass wir uns nicht zu helfen wissen

Oder eben so...

Es gibt Firmen, die verfolgen einen bis um die halbe Welt, und heizen tut das Ding auch nicht mehr gut

Ist mir egal, wie es aussieht, immerhin erfüllt es seinen Zweck

Daneben richten wir Infusionen an. NEIN, man kann es nicht abwischen, die Plastik hat einfach unter den Reinigungsmitteln über etliche Jahre gelitten.

Unsere einzige Phototherapielampe. Diese ist ein Grund warum ich auf Geräte Einführung und Übungen beharre.

Ob das Ding noch sicher ist? Keine Ahnung, aber ohne Therapie wäre wohl noch schlechter.

Man kann Sensoren mehrfach verwenden, damit meine ich mehrere Patienten.

Das kann dann aber auch zu unerwarteten Nebenwirkungen führen...

Wenn der Infusionsständer nicht modern zum Ausziehen ist ...

dann muss man sich eben anders behelfen.

In diesem Tuch wurde mein kleiner 28 Wochen Freund abgegeben. Ich hatte es mit nach Hause genommen, da es niemand für ihn waschen konnte und Handtücher nun mal auch rar sind wenn niemand auf einen aufpasst. Nun liegt es hier bei mir und wartet auf einen passenden Moment...

Es waren Drillinge, sie hatten keine Chance!

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