Sonntag, 14. Mai 2017


Medizin

Wie kann man helfen, wenn ….?
Nicht selten bin ich verzweifelt. Wenn Dir jede Woche mind. 2 Kinder unter den Händen wegsterben, wie kann man da ein „nachhaltiges Gefühl“ von effektiver Hilfe entwickeln. Wenn man eine Beatmung steuern soll ohne die Möglichkeit einer Blutgasanalyse. Wenn du den zwei überhaupt existierenden Beatmungsgeräten trauen sollst, wobei die Hälfte daran nicht mehr funktioniert und Du allen Ernstes erwägst, dass das dauernde Handbeuteln der Eltern vielleicht besser ist. Wenn Du kreislaufunterstützende Maßnahmen geben willst und hast keine zentralen Katheter. Wenn dadurch entstehende Nekrosen es Dir Wert sind, damit das Kind wenigstens überlebt. Wenn Du einem 1000 g Kind mind. 3 ml Blut abnehmen musst, nur um ein verdammtes Hämogramm zu bekommen und genau weißt, dass Du Bluttransfusion für diese Woche abschreiben kannst, da keine Spenden da sind und es eh mind. 6 Stunden dauert bis das Blut da ist. Wenn das 3 jährige Kind ins Koma fällt mit Zeichen eines schweren Hirnprozesses, du aber nicht hineinschauen kannst in den Kopf. Wenn Du keine i.v. Zugänge hast, die auch in 1000 g passen. Wenn Du Phenobarbital nur als Tablette auflösen kannst und hoffst es hilft vielleicht irgendwann nach 1 Stunde auch oral per Magensonde…

Provinzbesuch
Aufgrund eines Prozesses namens Qualitätsverbesserung fand in einer durch das Mutter-Kind-Gesundheitsprojekt betreuten Provinz eine Art Audit statt. Da man hier in so ziemlich alle Abläufe und Prozesse schaut, fand mein Büro es passend dass ich mal mitfahre und aus Sicht des Neonatologen auf die NCU (= Neonatal Care Units) schaue, bzw. die Erstversorgung von Früh- und Neugeborenen. Ich hatte vermutlich schon beim letzten Mal zusammenfassend an Euch geschrieben: „Es ist überraschend, dass in Kambodscha doch so viele Kinder überleben“. Denn unter den gesehenen Bedingungen ist hier so gut wie niemand so weit, es mit Komplikationen beim Kind unter und nach der Geburt aufzunehmen. Um fair zu bleiben: positiv muss bemerkt werden, dass durch die massiven Anstrengungen in den vermutlich letzten 10 Jahren die mütterliche Versorgung unter der Geburt deutlich verbessert wurde. Sie ist sicher noch nicht optimal, aber eine „awareness“ ist da. Und das bedeutet meist, dass Komplikationen rascher bemerkt werden und auch Anstrengungen zur Prävention unternommen werden.

Aber bezüglich der Neugeborenen war mein Fazit doch ausgesprochen düster. Neben erheblichen Hygieneproblemen, bei denen man sich nicht wundert dass man im Krankenhaus so viele Nabelinfektionen und leider eben auch immer noch Tetanus vorfindet (trotz deutlich verbesserter Impfrate bei Schwangeren), muss man leider sagen, dass nur die Wenigsten wissen was sie mit einem Neugeborenen in Not anfangen sollen, bzw. wie sie wirklich verhindern können, dass es überhaupt in Not gerät. Und wer als Frühgeborenes ein echtes Atemnotsyndrom hat, schafft es vermutlich nicht oder nur mit erheblichem Schaden bis zum nächsten großen Krankenhaus mit 3-4 Stunden Fahrzeit im Tuk-Tuk oder auf dem Moped.

Wieder zurück in Phnom Penh wurde mir noch bewusster was es bedeutet ein System aufzubauen das Kriterien schafft für die rechtzeitige Verlegung der kleinen Patienten. Und das für Verlegungswege in einem Land mit schlechter Infrastruktur und dazu gehörigen mittelosen Patienten/-Eltern. Momentan arbeitet ein Projekt bereits an dem Thema Neugeborenen Erstversorgung und Reanimation. Aber bis alle Beteiligten dies wirklich beherrschen, sich sicher fühlen in ihren Handlungen und auch entsprechend umsetzen, kann man nur hoffen, dass es nicht weitere 10 Jahre dauert. Anderseits muss man bedenken, es handelt sich um mehrere hundert Health Centre im Land in denen täglich geboren wird, sowie um Provinz und Distrikt Krankenhäuser in denen Basisversorgung stattfindet. All dies braucht einen langen Atem. Anbei ein paar Hygiene Impressionen von der Reise-

Irgendwie muss man den Einblick in den Entbindungsraum ja unterbinden, dann schwärzt man halt das Fenster. Gut, es gäbe sicher noch mehr zu kommentieren
Wenn man sich schön die Hände gewaschen hat, nimmt man ein Handtuch.
Nein, nicht das für den Boden...
Gebären? Angeblich nach der Reinigung...
Ob man damit wirklich "antiseptische" Hände bekommt?


„Ministry of Health“

Viele der Veränderungen müssen natürlich auch von „oben“ gewollt sein und entsprechend gefördert werden. Da es eines der Millennium Ziele Kambodschas ist, die Neugeborenen Versorgungen, bzw. Überlebensrate drastisch zu verbessen, wird auch versucht auf diesem Weg voran zu kommen. Zu meiner Überraschung hatte mein Büro sich gewünscht, ich möge auch an der Sitzung der „Neugeborenen Gesundheit Gruppe“ teilnehmen. Mein Krankenhaus hatte dies befürwortet und erhofft sich auf diesem Weg vielleicht auch ein wenig eine Art „Vorreiterrolle“ einnehmen zu können. Es trafen sich also die drei großen Häuser aus Phnom Penh, die sich der Kindergesundheit verschrieben haben, sowie ein Vertreter der WHO und noch zwei weiterer Geberorganisationen neben der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit. Der Leiter der Gruppe ist ein ehemaliger Direktor meines Krankenhauses und hoch erfreut, dass jemand dort freiwillig helfen will (so langsam verstehe ich auch, warum mich immer alle so mitfühlend anschauen wenn es um das Krankenhaus geht – hahaha).

Die ICD-10 Kodierungen verfolgen mich bis nach Kambodscha, denn es wird nach einer einheitlichen Kodierung gesucht. Natürlich habe ich umgehend eine Liste erstellt –seufz. Das nächste große Thema wird jedoch die Dokumentation, sowie ein nationales Sterberegister sein. Nach verschiedenen Gesprächen und Überlegungen im „kleinen Team“ dürfte es vermutlich einfacher sein, wir installieren eine funktionierende Dokumentation zunächst in unserem Krankenhaus und erweitern dann. Nicht, dass das etwa einfach wäre. Dokumentation ist ein ausgesprochen „schwer zu biegendes Eisen“ hier. Ich habe so im Stillen die Vermutung, dass man nur ungern schwarz auf weiß sehen möchte, dass Kinder bei uns bevorzugt nachts, an Wochenende oder Feiertagen sterben und auch iatrogene Ursachen in Frage kommen. Nun ja, trotz erheblichen Arbeitsaufwands, der nun auf meinem Schreibtisch liegt, denke ich dass es sich bei der Arbeitsgruppe um ein ausgesprochen wichtiges Arbeitsfeld handelt, bei dem es einfach nochmal andere Ansatzpunkte und Hebel gibt als bei der „Hands-on“ Arbeit am Bett.

"Alltagssorgen" und es atmet wirklich noch spontan
Auch in Kambodscha gibt es die mütterliche Unart
das Kind mit der Flasche allein zu lassen

Wirtschaftsförderung

Ein weiteres erfreuliches Thema ist die Tatsache, dass das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit durchaus Interesse hat Wirtschaftszusammenarbeit mit Kambodscha zu fördern (und das nicht etwas nur mit den großen Marktführern), so dass wir die Möglichkeit haben z.B. eine Firma vorzuschlagen. Ein sehr wichtiges Problem ist in der Tat, dass man kaum Zugang zu Materialen hat, das fängt bei i.v.-Nadeln an und hört bei Sauerstoffsensoren auf. Die großen asiatischen Produzenten sind China und Indien, entsprechend problematisch ist bei manchen Materialen die Frage nach der Qualität. Die Einfuhrbedingungen sind eine weitere Hürde. Und ausländische Produkte z.B. aus Europa und Amerika bekommt man häufig nur über einen Zwischenhändler in Thailand, Singapur oder Taiwan.

Dies ist natürlich nichts, wovon meine Arbeit aktuell profitieren würde. Aber es ist langfristig gesehen sicher eine gute Investition für beide Seiten.

Überraschende Entdeckung beim Besuch eines Provinzkrankenhauses

HILFE erbeten


1. Liebe Freunde, ich habe bisher darauf verzichtet um Hilfe zu bitten, da ich hier ja nicht auf einem humanitären Einsatz bin. Aber mein täglicher Kampf ohne Basismaterial zermürbt mich ein wenig.

Ich werde voraussichtlich im Oktober 2017 auf Heimaturlaub sein und will versuchen bis dahin verschiedene Materialen in kleinen Mengen zu sammeln. Das fängt bei kleinen Venenverweilkathetern mit 26G an und hört bei Intratrachealtuben OHNE Block auf.  Aktuell versuche ich oft ohne Erfolg von Firmen Preise einzuholen, damit ich besser kalkulieren kann was mich der Privateinkauf kosten wird. Meine Bitte an Euch: ich bin für jede Information, Preisvergleich, Idee, Erfahrung dankbar! Ich frage nicht nach Eurem Geld, ich frage nicht nach Hilfspaketen. Lediglich bei der Logistik wünsche ich mir Unterstützung. Es hat mich allein 20 Emails (mit EINER Firma) gekostet bis ich endlich die Laryngoskope hatte, die ich brauche. Diese Zeit habe ich nicht! Schließlich will ich das, was ich an Babys retten kann, auch retten indem ich anwesend bin.

Die Firmen fühlen sich nicht gemüßigt zu antworten, wenn es um kleine Stückzahlen geht. Jede „verdammte“ Firma verkauft etwas anderes. Und ich habe nicht vor alle Firmen beim BMZ zu erwähnen.

Wer also weiß wie er/sie über den Einkauf oder andere persönliche Quellen an Produkte kommt, kann sich bitte bei mir melden. Es wäre eine RIESENHILFE!



2. Das zweite Hilfs-Thema betrifft eine Kinderkrankenschule oder einen Kinderkrankenschwestern Fachverband (Neo- und Intensivpflege für Kinder). Wer weiß, dass die ihm/ihr bekannte Schule sehr aktiv ist und Lust auf Austausch mit dem Ausland hat, möge sich bitte dringen und zeitnah melden. Es geht um eine mögliche Förderung einer Kooperation zugunsten des National Pediatric Hospitals. Evtl. haben wir die Möglichkeit eine Zeit von 1-2 Jahre für Schulung zu finanzieren, bei der z.B. Kinderintensivpfleger/-innen bezahlt hier nach Kambodscha  kommen und am Bett lehren. Das wäre eine tolle Sache und würde meinen hiesigen Schwestern sehr helfen. Aus meiner Sicht bringt es nämlich herzlich wenig allein die Ärzte zu schulen. Ich binde die Schwestern schon in allem ein, wo ich nur kann. Aber meine Ausbildung ist nun mal nicht die einer Kinderkrankenschwester, abgesehen davon dass es vermessen wäre das exzellente Können was ich von vielen Deutschen und Schweizer Schwestern erleben durfte nur annähern ersetzen zu wollen.



3. Das dritte Hilfsthema betrifft dieses Baby. Es hat einen komplizierten Herzfehler (vermutlich Fallot mit Pulmonalatresie) und einen Augentumor (unklar – vielleicht Staphylom?), das andere Auge wurde vermutlich nicht richtig ausgebildet. Es ist wachstumsretardiert und dürfte sich nicht allein wegen der Erkrankung auch bei optimaler medizinischer Versorgung nicht normal entwickeln. Nun stirbt man ja nicht so ohne Weiteres an einem Herzfehler, vor allem wenn man einen riesen VSD hat.

Aber was mich bei aller Akzeptanz, dass ich hier in einem Entwicklungsland bin und Kinder nun mal sterben, nicht gut aushalten kann ist: Es hat keine Eltern und liegt allein und verlassen bei uns. Sie hat nicht mal einen Namen, niemand war da um ihr eine Babyplastik Flasche zu kaufen damit sie gefüttert werden kann. Niemand tröstet sie, wenn sie weint. Ihre Mutter lag blutend auf der Liege, als das Kind zu uns gebracht wurde, und ich nehme an, dass es für die sichtlich arme Familie ein Schock war ein solch entstelltes Kind zu sehen. Sie haben vermutlich beschlossen, dass es keine Chance hat. Und wenn ich die Bedingungen betrachte und die komplizierte Erkrankung des Kindes dann muss ich ihnen wohl zustimmen. Aber muss man als kleines Menschlein deshalb so sehr leiden? Ich bin sehr sehr traurig für dieses kleine Mädchen!



 
Es kann nicht fair sein...

Sie starb am 13.05.2017 auf unserer Station...








Mittwoch, 10. Mai 2017


Leben, überleben und schön leben…

„Hochwasser“

Die Regenzeit hat angefangen! Wie schön… wie bitte? Also schön ist ja etwas anderes, vor allem wenn immer solche Sturzbäche herunter kommen. Aber ich will mich nicht beklagen, nachdem mich mehrere Nachrichten über 5°C und Bodenfrost, sowie das beständige morgendliche Kratzen der Autoscheibe aus Deutschland erreicht haben. Andererseits ist es ein wenig bedenklich wie rasch man sich an 36°C gewöhnen kann um dann bei 32°C darüber nachzudenken, ob man lieber etwas Langärmelige trägt, weil man es ein wenig kühl findet. Ich frage mich, wie ich mit kalten 24 °C im November zurechtkomme?

Nicht besonders erfreulich ist es jedoch, wenn bei den besagten Sturzbächen so viel Wasser auf dem Gelände des Kinderkrankenhauses steht, dass es auf die Station schwappt. Das erste Mal als dies passierte, saß ich nichtsahnend am Schreibtisch und hörte dem prasselnden Rege zu. Das erste sichere Zeichen dafür dass etwas nicht stimmt, war die  Tatsache dass einer der Streunerkatzen auf die Station gerannt kam, an mir vorbeihuschte und sich hinten im Lager versteckte. Etwas später dann beobachtete ich eine der üblichen RIESEN-Kakerlaken wie sie gemächlich das Gelände erkundend ebenfalls nach hinten „trippelnd“ Unterschlupf suchte. Ich hätte liebend gern ein Video davon gedreht, aber ich wollte meine Patienteneltern nicht verunsichern indem ich über den Boden einer Kakerlake hinterher krieche. Als ich auf unserem Vorsprung der Station nach draußen trat, konnte ich sehr leicht erkennen, warum alle herein geflüchtet kamen. Vor mir offenbarte sich eine kleinere Sintflut. Wenn dann das Wasser in die Station läuft, macht das wenig Freude. Gründe hierfür sind: nasse Füße, schmutziges Wasser (nicht weit weg von uns werden nämlich die Müllsäcke des Krankenhauses an der frischen Luft gestapelt), Verteilersteckdosen, die auf dem Boden lose herum liegen und die auch ohne Wasser manchmal Funken schlagen, sowie plötzliche Rutschigkeit auf glatten Fliesen. Als ich an diesem Tag nach Hause ging, musste ich meine Hosen bis über das Knie krempeln und bin dann barfuß mit dem Fahrrad heimgeradelt. Sinnigerweise hatte ich genau an diesem Tag den Termin mit dem Ministerium für Gesundheit gehabt, so dass ich beste Schuhe und gute Hosen anhatte (wie gesagt, ursprünglich).


Sturzbach aus dem Fenster betrachtet
Versuch einer Nahaufnahme
Nein, ich komme wohl nicht bis zum Müllberg mit meinem Moped...
Es waren weniger als 20 Minuten, bis es dann zu uns herein schwappte
Heute gibt es mal wieder Rege, ich muss aber ins Büro und bin daher barfuß ins Tuk-tuk gestiegen
Ein Abschnitt zum Essen muss einfach sein

Wenn man nicht aufpasst bekommt man ein Gewürzgemisch mit viel Ingwer und anderem Gemüse, lecker in Bananenblättern gedämpft um dann nach dem Verzehr zu erfahren, dass es sich bei den anderen Ingredienzen um Schneckenallerlei handelte -> urrghs.

Dann gab es als neustes Erlebnis mein Ei-Experiment. Meine kambodschanische Lieblingskollegin brachte mir nämlich extra von daheim ein Produkt Ihrer Farm mit. Ein Krokodilei. Ja, wirklich. Gut, ich habe nun viel über Krokodile gelernt, denn diese Farm dient lediglich der Fleischherstellung. So werden die Jungtiere nach Vietnam und Thailand verkauft, sie sind dort offenbar eine Delikatesse. Es geht nicht um Krokodilleder (sollte also jemand in diesem Geschäft tätig sein, ich habe da jetzt Verbindungen – passt ja auch super zu mir – bin ich absolut der Typ für…). Aber mir war nicht bewusst, dass es auch unbefruchtete Eier in einem Gelege von 10-20 Eiern gibt. Nun gut, ich vertraute ihrem Vater, er muss ja wissen wenn da nichts drin ist. Und so nahm ich mir einen Sonntagmorgen Zeit, kochte das Ei nach Anweisung und dokumentierte den Verlauf wie ihr unten angefügt sehen könnt. Es schmeckte „okay“. Was vermutlich daran liegt, dass ich nicht so ein Ei-Fan bin. Denn wer den Ei-Geschmack gern mag, findet dieses Ei sicher super. Traditionell werden sie mit einer Soße aus Limette, Salz und Pfeffer gegessen.

Mein „Garten“ hingegen bereitet mir durchweg große Freude, denn ich konnte nun schon dreimal ernten. Und lecker schmeckt das spinatartige Gemüse auch noch. Mehr zu meinen Nahrungsexperimenten dann beim nächsten Mal ;-).
Es ist schon was größer als ein "normales Ei"
Beginne das Ei auszupellen
Wie man sieht ist die Struktur eine andere
Es ist nun mal ein Reptilei
Na dann mal los...
Zeit für die erste Ernte
Und so sieht sie aus, mhhh lecker war's

Ausländer Leben:
Vegan und Sport
Durch eine deutsche Kollegin, die zuvor in Nepal arbeitete und einfach eine tolle „Menschin“ mit viel Herz und Wärme ist,  habe ich ein wenig mehr Zugang zu dem „Ausländerviertel“ (wie ich es immer nenne) bekommen. Wir beide hatten ganz spontan nach einer Konferenz, an der wir beide teilgenommen haben, in ein Fitness Studio vor Ort geschaut und uns herum führen lassen. Mich hat vor allem das Schwimmbecken angesprochen. Denn so klassische öffentliche Schwimmbäder wie in Deutschland gibt es hier nicht. Und was gibt es schöneres als im Schatten ein paar Runden zu drehen? Sicher, viele der besseren Hotels haben Pools. Nur darin kann man meist nur plantschen. Aber einfach nur hin und her schwimmen, so wie andere stumpf auf dem Laufband rennen, das geht eben nur wenn man auch ein paar Meter machen kann. Und so habe ich nun eine feste Abwechslung an 1-2 Abenden die Woche neben meinem Khmer Unterricht, den ich noch tapfer wahrnehme.
Bisher war ich ein wenig scheu, was das Viertel angeht. Sicher, ich hatte beim letzten Bericht erwähnt nur Khmer Leben wird schwierig auf die Dauer. Andererseits kommt das Ausgehen im Viertel nach Art des Ausländers oft einem ziemlichen Kulturschock gleich. Tagsüber mit den Armen umgehen, für 2 US Dollar essen gehen und mit maximal limitierten Ressourcen jonglieren und dann am Wochenende mal eben 30 US Dollar für ein Essen raushauen oder 25 US Dollar für einen Eintritt, ist schon ein wenig verrückt. Viele Mitarbeiter der verschiedensten Organisationen leben in großen Appartements mit Pool auf dem Dach oder eigenen Einrichtungen im Haus. Das ist verständlich, denn sie verbringen hier nur eine bestimmte limitierte Zeit, so wie ich und arbeiten oft nicht direkt mit „Einheimischen“ zusammen oder eben welchen, die gebildet und weitgehend normal situiert sind.
Die besagte Kollegin hat aber sichtlich ein Händchen dafür die alternativere Szene Phnom Penhs kennen zu lernen, und so fand ich mich nach gelungener Anmeldung im Fitness Center bei einem Wohltätigkeitstreffen der „Animal Aid Cambodia“ in einem tollen Kino-chen wieder. Es gab ein vegetarisches Büffet (Himmel, habe ich mich darüber gefreut), Katzen, die ich streicheln konnte, Menschen, die nicht wegschauen, das Kino namens Flicks, indem man wie in einem der besten Essener Programmkinos auf Liegestühlen herumlungernd den Film genießen kann und einen Film, den ich sehr erhellend fand. Dabei musste ich mal wieder feststellen, dass wir bezüglich Umwelt in Deutschland wirklich ganz weit vorn sind. ECHT! Es kommt uns immer nicht so vor, weil es natürlich alles noch besser geht und wir eben als Deutsche auch gern ein wenig perfektionistisch sind. ABER glaubt mir, wir sind ganz vorn dabei. Da kann sich manches entwickelte Land wirklich noch Einiges abschauen (die USA erwähne ich hier mal nicht, sonst höre ich vermutlich nicht auf zu schreiben und lande noch im CIA Keller).

Der Film „Cowspiracy“ führte jedoch dazu, dass meine Kollegin beschloss eine Woche vegan leben zu wollen, nur um es mal auszuprobieren. In Phnom Penh, jetzt ehrlich???? Also das nenne ich mal Leben mit Hürden. Aber Sie hat es allen Ernstes bis dato sogar ganze zwei Wochen durchgezogen. Ich kann nur sagen „RESPEKT“. Vor allem wenn ich meine Probleme des vegetarischen Daseins in Kambodscha nochmal in Erinnerung bringen darf.



Philosophie über Ausländer
Als ich so meine Überlegungen tat warum ich mit dem Ausländerviertel so fremdeln muss, wurden mir noch ganz andere Dinge bewusst. Ich gehöre durchaus auch zu den Leuten zu Hause in Deutschland, die wiederholt darauf hinweisen, dass diese oder jene Mutter aus der Türkei, Rumänien, Russland etc. endlich mal Deutsch sprechen können müsste. Schließlich sei sie ja nun schon 10 Jahre hier bei uns. Auch Integration beginnt damit, dass man versucht die Kultur des neuen Heimatlandes zu verstehen und sich zu adaptieren. Aber wenn ich so durch das Ausländerviertel hier in Phnom Penh schlendere, merke ich von dieser Adaptation nichts. Denn mitgebracht, sicher auch orientiert am Tourismus, haben wir hier Irish Pups, Libanesischen Grill, Deutsche Gutbürgerliche Küche, Diskotheken, KFC, Burger King, Kaffeehäuser, Fitness Center, Cinemax Artige Großkinos, vegane Küche etc. Die meisten Ausländer sprechen kein Khmer. Und in die Pagode geht sicher auch kaum einer zum Beten. Klar, die Meisten bleiben auch nicht für den Rest ihres Lebens, das hat die Kollegin zu Recht angemerkt. Ein Grund, sich nicht ganz darauf einlassen zu können, da man ja wieder geht. Und ich kann nur zu gut verstehen, warum man seine Croissants oder Bier und Wein nur ungern daheim lassen möchte. Es fehlen mir hier auch eine Menge Dinge. Ich will das auch gar nicht als gut oder schlecht oder richtig oder falsch bewerten. Es ist lediglich eine für mich etwas überraschende Kontemplation gewesen, die ich gern mit Euch teilen wollte. Denn selten betrachtet man sich in Anblick der ganzen Flüchtlingsdebatte oder Einwanderungspolitik selber als Ausländer.




Leistungen meiner Freunde, also von EUCH!
Meine Lieben, ich weiß es sehr sehr sehr sehr  zu schätzen, dass Ihr mich unterstützt. Ich bin unendlich dankbar, dass ihr an mich denkt, mich aufbaut, tröstet und mir immer wieder schreibt wie sehr ihr meine Arbeit bewundert oder beeindruckend findet. Ohne diesen Zuspruch würde ich mich hier manchmal sehr einsam und traurig fühlen!

Aber ich möchte an dieser Stelle Eure Liebe auch einmal zurückgeben. Denn fast überraschend sind es zumeist Menschen, die selber jeden Tag Unglaubliches vollbringen. NEIN, nicht wegschauen, ich meine genau Dich! Ja, Du!
Es ist für mich kein Unterschied ob ich hier irgendwo durch den Dschungel krieche oder im Dschungel Deutschlands oder wo immer Ihr Euch befindet. Findet Ihr nicht? Doch!

Warum ich das finde. Weil „Helfen ansteckt“, so lautete mal ein Zeitungsartikel über mich. Ihr seid Vorbilder für andere, ihr denkt ihr bewältigt nur Euren Alltag. Aber das stimmt so formuliert nicht. Es ist die Art, wie Ihr ihn bewältigt. Ihr denkt es sind nur ganz kleine Dinge die Ihr beitragt, aber es kommt nicht auf die Größe an; und überhaupt wer bestimmt denn diese Größe? Ihr seid liebevoll, kümmert Euch, habt ein offenes Ohr. Jeder tut auf seine Weise etwas ganz besonderes. Ich persönlich glaube an den „Schmetterlings Effekt“, dass jeder Flügelschlag eine langfristige Folge hat.
Und genau das tut jeder von Euch. Jede vermeintlich kleine gute Tat hat eine langfristige gute Folge.

Ihr seid besondere Menschen, mit besonders liebevollen Herzen, Ihr seid eine Bereicherung für Eure Umgebung und ich habe Euch ganz besonders doll lieb, sonst würde ich das hier nicht schreiben.

Macht weiter mit Euren guten Taten! Und danke, dass Ihr mit Euren Gedanken, Wünschen und Herzen bei mir seid!

Danke, dass es Euch gibt!