Samstag, 15. April 2017


Medizin und was wir weiter tun

Wer hätte gedacht, dass ich nach 8 Wochen an dieser Stelle schreiben würde: es tut sich etwas…

Gut, mein Alltag ist zäh, das muss ich zugeben. Ich wache zwischendurch wie ein Adler über seinen Horst damit niemand komische Medizin mit den Kleinen betreibt. Inzwischen kann ich fast besser ertragen, wenn wir uns medizinisch ganz langsam bewegen, als wenn wir Medizin anwenden von der wir keine Ahnung haben.

So hatte sich das vor Wochen beschriebene Baby mit der „wet lung“ wie zu erwarten rasch erholt. Ich bin nicht umsonst direkt am Samstag nach den verrückten Maßnahmen des Kollegen nach dem Kind schauen gegangen. Da lächelte es ganz fröhlich vor sich hin und hatte auch ohne suffizienten CPAP wieder Luft zum Atmen. Mein Versuch dem Kollegen die möglichen Differentialdiagnosen in einem Vieraugengespräch (damit er sein Gesicht nicht verliert) auseinander zu setzen, hat nicht sonderlich gefruchtet. Denn leider ist er von seiner Meinung sehr überzeugt und die Feinheiten zwischen „Respiratory distress“, „wet lung“ oder kongenitale Pneumonien sind hier nicht geläufig. Hier hat jedes Baby was nicht vernünftig atmet ein „hyaline Membran Syndrom“ als französischen „terminus technicus“. Es wird vermutlich ein langer Weg mit uns …

Der lustige und unerwartete Nebeneffekt: die Familie in Form von Oma und Vater des Kindes beschlossen, sie möchten mich ab sofort als ihre persönliche Kinderärztin. Bei einem der üblichen Nachsorgetermine nach Entlassung haben wir uns dann diplomatisch darauf geeinigt, dass ich gern zur Ambulanz komme wenn Ihr Baby dort vorgestellt wird. DENN: es handelt sich um eine wichtige und einflussreiche Verwandtschaft, ein „Nein“ wäre aus politischen Gründen nicht in Frage gekommen.

Politik
Jetzt fragt Ihr Euch sicher, was denn nun die Politik mit dieser Sache zu tun hat.
Hier in Kambodscha: ALLES!

Jeder oder zumindest die Personen an wichtigen Schlüsselpositionen wissen über die Anderen alles. So bleiben meine Gedanken, Taten und Aussagen niemals in vier Wänden. Selbst wann ich wo bin, ist vermutlich kein Geheimnis. Jetzt könnte man sagen, das klingt ja nach Überwachungsstaat. Und in der Tat lässt sich das System nicht wirklich durchschauen. Hier spielt man nach den eigenen Regeln. Zum Glück bin ich ja nur ein ganz kleines Licht und habe als Ausländerin gewisse Freiheiten und sicher hakt man manche meiner Wunderlichkeiten als „nun ja, ist halt ein Ausländer“ ab. Dennoch bewegt man sich hier auf ganz glattem Parkett. Auch wer hier mit wem ein „Buddy“ ist, ist von enormer Relevanz. So kommt es vermutlich nicht von ungefähr, dass der Direktor einen ehemaligen Studienkollegen auf dem Posten des Vizedirektors (davon gibt es derer 5) gesetzt hat. Der Zweite im Bunde hat ganz sicher eine wichtige militärische Karriere hinter sich. Und ein Ehemaliger arbeitet ganz überraschend im Gesundheitsministerium. Himmel bin ich froh, dass ich auf so flacher Ebene operieren kann und darf. Das dauert vermutlich Jahrzehnte, bis man das Geflecht durchschaut. So hatten wir neulich die wichtige Jahreskonferenz zum Thema Erfolge und Errungenschaften im Jahr 2016 und Zukunftspläne für 2017. Warum diese Zukunft allerdings erst Ende März 2017 besprochen wird, ist mir schleierhaft. Hierbei lernte ich aber zwei wesentliche Dinge kennen. 1. den Aufstand, der geprobt wird, wenn zwei wichtige Minister zur Eröffnung der Konferenz kommen und 2. das mind. 5 Minister des Gesundheitsministeriums Professoren für Gynäkologie sind, zufällig waren mind. zwei von ihnen Studienkollegen. Noch Fragen?

Woher ich das nun schon wieder weiß? Der Direktor hatte beschlossen es wäre doch super, wenn ich der einen Ministerin ein wenig die Zeit vertreibe nach der Konferenz, bevor wir alle zur Klinikparty gehen. So erzählte sie weitgehend emotionslos über Ihr Studium nach den Khmer Rouge, Ihr Auslandsjahr in Frankreich und die Tatsache, dass sie eine der ersten Professorinnen des Landes wäre. Wir konnten uns allerdings darauf einigen, dass es heute kaum mehr sind, denn Frauen haben hier ganz sicher nur ganz selten bis gar keine Schlüsselposition. Ganz zufällig hat sie einen nicht unerheblichen Eigner Anteil an einem der wichtigsten Geburtskliniken in Phnom Penh. Die geben richtig Gas, mit einer fast europäisch anmutenden Neonatologie und werden von Frankreich gesponsert. Dann gibt es ja noch die Schweizer Fraktion, die ebenfalls eine Krankenhaus Dependenz hier in Phnom Penh hat. Diese Krankenhäuser sind vor zwei Jahren in die Verantwortung des Gesundheitsministeriums gefallen. Wie diese wiederum die Qualität aufrechterhalten wollen, bleibt ein Rätsel. Es leuchtet nur nicht so richtig ein warum das Nationale Krankenhaus alles allein aufbauen soll, die Ärzte einen staatlich verordneten Minium Lohn erhalten und damit nur den Vormittag vor Ort verbringen, damit sie am Nachmittag richtiges Geld verdienen. Verständlich wenn Motivation und Stolz sich hier in Grenzen halten. Schön, dass wir mit den Koreanern nun auch unseren eigenen Sponsor haben. Nur dass es sich hierbei um ein großes Medizinunternehmen handelt, welches vermutlich kaum durch humanitäre Gründe angetrieben das Nationale Kinderkrankenhaus auf- und ausbauen will. Ihr seht, die Zusammenhänge sind besser als jedes online Strategiespiel.

Tagesgeschehen

Ich kann voller Glück berichten, dass wir zwei 29. SSW glücklich entlassen konnten. Und wir haben sie sogar ohne FM, MCT, Coffein (wir haben hier nur Aminophyllin), kleinere Viggos als „gelb“, Silastic, Tubus ohne Block, beide ohne Inkubator, da wir nur einen funktionierenden haben, ein Kind handgebeutelt über 24 Stunden (durch die Oma, die jedes Mal ganz blass wurde, wenn die Sättigung nur einen Hauch runter ging), und eines sogar nur einen Zyklus antibiotische Therapie über 7 Tage, beide mind. zwei fiese Apnoe Ereignisse mit Beuteln müssen, aber ohne Herzdruckmassage, Temperaturschwankungen bis 35,0°C runter und das nicht nur einmal, groß bekommen.

Ach, war ich glücklich als die „Hasen“ nach Hause konnten und das sogar pünktlich zum Khmer New Year!!!!  Bin gespannt, wie sie sich entwickeln werden. Natürlich habe ich regelmäßige Ultraschalluntersuchungen vom Köpfchen gemacht, mit dem überdimensionalen Bauch-Schallkopf eine wahre Kunst… Aber soweit erkennbar sah es einigermaßen vernünftig aus. Das Schöne ist, da wir kein SPZ haben oder gar einen Kinderarzt der Entwicklungsuntersuchungen machen kann oder anbietet, machen wir unsere eigenen „Follow-ups“. Ist zwar eine unbedeutende Mehrarbeit – hahaha, aber es baut auch ein wenig auf in diesen harten Tagen. Wenn man belohnt wird dadurch, dass man weitgehend gesunde Babys betrachten darf und die Eltern einen glücklich anstrahlen, dann ist das schon etwas ganz Besonderes! Unten findet ihr eine kleine Auswahl entlassener Schätzchen.
Zu den Bildern komme ich weil meine Kollegin mir während einer dreitägigen Abwesenheit wegen des Provinzprojektes den Verlauf, Laborergebnisse oder eben zu entlassende Kinder geschickt hat. So dass ich ganz technikaffin immer antworten, raten oder empfehlen konnte.
Wer hätte gedacht, dass ich alter Computer Muffel eines Tages mein Fairphone® so aktiv anwenden würde. Ich bin selbst beeindruckt was diese jungen Menschen einem täglich Neues beibringen in dieser Medienwelt.

Bezogen auf die harten Tage, kann ich nur stets wiederholen, es tut weiterhin weh wenn man mal wieder den Kampf verloren hat gegen Schicksal, Strukturmängel etc. So starb erst letzte Woche ein kleiner 10 Monate alter Junge wegen einer schweren tuberkulösen Meningitis. Wir haben ihn einmal erfolgreich reanimieren können, am Folgetag haben wir dann aufgeben. Es war so schmerzlich die weinende schwangere Mutter zu betrachten und zu ertragen, dass die weinende Oma sich zwanzigmal für unsere Hilfe bedankt hat. Und heute am Ostersamstag kam ein 3 Jähriges Mädchen nach Verkehrsunfall auf die Intensivstation, sie war bereits an ihrer instabilen Beckenfraktur operiert worden, der Schaden der inneren Organe ist aber so erheblich, dass wir gerade der Sepsis hinterherlaufen. Denn wer sich von daheim denkt, man wird hier gleich am selben Tag notfallmäßig auf den Operationstisch gelegt, der denkt falsch. Aber mehr als Kämpfen und manchmal eben nur beten, bleibt nicht zu tun. Überhaupt wundert man sich unter den allgemeinen hygienischen Bedingungen besonders in Gesundheitszentren oder Krankenhäusern, dass doch so viele Kinder überleben.
Das mag ein wenig zynisch klingen. Aber als ich durch die GIZ gebeten wurde in einer Provinz die Ergebnisse des Mutter-Kind-Gesundheitsprojekts in Hinblick auf Neugeborene anzuschauen, war ich doch reichlich ernüchtert. Drum auch die o.g. Bemerkung. Beim nächsten Bericht werde ich ein wenig über die Provinzsituation berichten.


Beispiel Fernbehandlung, finde den Fehler.
Das Kind ist eine 28.SSW...

2. Beispiel Fernbehandlung -
versuch' das mal in einem
rüttelnden Bus zu lesen
UND ZU VERSTEHEN!!!!




"heute haben wir 5 ml
Liquor punktiert, wie
besprochen, sah so aus"


"die Transfusion hängt jetzt"


"meinst Du diesen Babyhaler?"



Fortbildung

Die positive Nachricht ist, dass wir endlich anfangen Standards für die Station zu erarbeiten. Hierfür musste ich feststellen, dass zwar eine Menge theoretischen Wissens vorhanden ist, aber leider die Praxis fehlt. Das erkläre ich mir folgendermaßen: die Kollegen lernen aufmerksam und fleißig, meist mit Material aus „reichen“ Ländern, also solche die sämtliche moderne Technik haben und anwenden können. Also kennen sie auch in Theorie was am Ende rauskommen muss. Aber klassische Feinheiten oder praktische Fallstricke sind eben nicht klar. So kann ich ja vermutlich auch kein Auto fahren, nur weil ich meine theoretische Prüfung bestanden habe und vielleicht sogar ein Auto zusammenschrauben könnte. Manche Schlussfolgerungen sind einfach nicht logisch und es gibt kaum jemand der praktisch „vorleben“ kann. Diejenigen die Auslandserfahrung haben, waren meist in Frankreich, haben Hightech Medizin der 90er Jahre kennen gelernt, die sie aber nur begrenzt hier anwenden können. Die jüngere Generation muss damit kämpfen, dass sie an der Universität immer noch in Französisch unterrichtet werden, die meisten Publikationen jedoch in englischer Sprache sind.

Wie auch immer, wir arbeiten gerade an dem ersten Schritt: „Was muss passieren, wenn ein Kind auf Station aufgenommen wird.“ Dinge wie Temperaturmanagement oder Überwachungsstandards, auch Sauerstoffgrenzen sind ein Thema (nein, wir haben keinen Augenarzt, der mir sagen kann ob das Kind dank unserer Behandlung blind geworden ist).

Dann kann ich positiv berichten, dass die Kinderchirurgen ein richtig flinkes Völkchen sind, denn sie wittern Ihre Chance auf eine Zusammenarbeit und haben mich gleich mal für eigene Vorträge eingespannt. Ist mir recht, denn schließlich arbeiten wir nach meinem Verständnis eng zusammen. Die Jungs haben sich clever aufgestellt mit einem Team aus Kollegen, die jeweils ein Thema besonders gut bedienen können. Z.B. Kopf oder Spina, Orthopädie, Bauch, Urologie etc. Da die Kinderärzte eher zur trägen Variante gehören, sind die Chirurgen nun auch noch Teil des staatlich verordneten Programms zur Früherkennung von Teilleistungsstörungen und Behinderung geworden. HÄÄÄÄH, was soll das denn? Nein ehrlich, ich schwör! Wie das kommt? Kann ich sagen!
Der Kinderarzt kann hier mit Cerebral Parese z.B. nichts anfangen. Hilfsmittelbedarf sind allenfalls klapprige Rollstühle oder axillär stützende Krücken. Also schicken sie diese Patienten zu den Chirurgen, damit die dann schauen können ob man was operieren kann. Zurück haben wollen sie die Patienten aber auch nicht… unfassbar. Nun ja, die Kollegen der Chirurgie machen aus der Not eine Tugend und versuchen eine Art Sprechstunde. Nur dass sie jetzt den Neurologen in mir entdeckt und beschlossen haben, ich könnte doch prima helfen. Das lasse ich mal unkommentiert…

Aber zusammenfassend kann man dennoch sagen, wir fangen an uns zu bewegen und das ist gut so!



die Eltern mit dem Säugling und
V.a. Gallengangsatresie

Lumbalpunktion

Noch Fragen?


Tapfer hat diese Oma um die Kleine
mit uns gekämpft, zur Belohnung
gehen sie heute heim - hier
bei einem kleinen gemeinsamen
Nickerchen :-)

auch er konnte heim, nachdem es
ihm bei der Geburt den rechten
Plexus Brachialis ordentlich
lädiert hat, nebst Humerus und
Clavicula Fraktur -
mit 4,5 war er für kambodschanische
Verhältnisse eindeutig zu schwer -
der Grund lässt sich unschwer erraten -
Schwangerschaftsdiabetes


ist sie nicht süß?

dieses 10 Monate süße Mädchen
hat 2 Wochen unsere
Beatmung überlebt
warum sie in dem Alter schon
einen Mundbodenabzess und dann
eine schwere Lobärpneumonie hatte
bleibt leider unbeantwortet
die "Klassiker" waren es nicht


Ein wunderbares Zitat welches ich diese Woche im Radio "Heimat" gehört habe:
"Sprächen die Menschen nur von Dingen, von denen sie etwas verstehen, die Stille wäre unerträglich."

Unbekannt

Aus diesem Grund sollte ich schleunigst diese Seite schließen ;-)









Freitag, 14. April 2017


Leben in Cambodia



HAPPY KHMER NEW YEAR

Gemäß dem Mondkalender und buddhistischen Jahreszählung begehen wir ab heute dem 14.04. das Jahr 2561 und sind wie die Chinesen im Jahr des Hahnes angekommen.

Da die Mehrheit von Euch zur selben Zeit dieses Jahr das Osterfest begeht, ist das sicherlich verwirrend. Wenn man sich länger mit Religionen und Bräuchen beschäftigt, stellt man jedoch fest, dass wir Menschen immer auf das Gute von außen hoffen. Dass Barmherzigkeit und Nächstenliebe jedoch neben all den schlechten Eigenschaften von uns Menschen eine der besonderen Gaben ist die wir alle tief drinnen besitzen (können), vergessen wir manchmal.


Verspätete Nachrichten

Ich weiß nicht, wie viele von Euch dieses Vergnügen schon hatten, aber es macht auf keinen Fall Spaß einen Virus bei 35 °C zu züchten.

So lag ich denn letztes Wochenende flach. Zunächst hatte ich es für eine kleine Magenverstimmung gehalten, wenige Stunden später gesellten sich Schnupfen, Husten und Durchfall dazu. Und dass man bei den o.g. Temperaturen so frieren kann, dass man mit Socken im Bett liegen muss, das hätte ich wohl auch nicht gedacht. Komischer Virus! Aber ich will nicht klagen, nach zwei Tagen fühlte ich mich besser und konnte angemessen wieder zur Arbeit schreiten. Ich entschuldige mich hiermit also für die späten „Nachrichten“.

Essen

Was mich unweigerlich zu Thema Essen bringt. Also wie ein Europäer in Kamboscha mit „nur“ Kambodschanischem Essen leben kann, ist mir ein Rätsel. Mir hing die Eintönigkeit bereits nach 6 Wochen so dolle zum Hals raus, dass ich einen Hilferuf an ausländische Kollegen vor Ort mailen musste, mit der Frage wo ich indische Gewürze her bekommen könnte. Mein Alltagsessen besteht wie schon berichtet aus großen Mengen Reis. Das ist ja auch okay. Aber warum man ständig und immer einen dünne Suppe, mal sauer, mal weniger sauer, mit Fisch oder Fleisch, mit labbrigen grünen Blättern und gaaaanz viel Wasser dazu nimmt? Omelette mit und ohne Fisch, aber immer mit Sojageschmack und nicht zu vergessen Gemüse mit sehr sehr viel Seasoning (besser bekannt als Glutamat) gehören auch dazu. Alternativ möglichst ganz stark getrockneten Fisch, der wird aufgespannt und dann ganz lange Sonnen- oder auf dem Grill getrocknet. Oder der ganze Fisch aus der Fritteuse mit allem drin was an so einem Fisch eben dran ist. Gut, ein wenig liegt es ja auch an mir, schließlich könnte ich ja auch Sonnen getrocknete Muscheln essen (ja, ich habe eine Hepatitis A Impfung!) oder lecker eingelegte Wasserschnecken, Hühnchen kleingehackt, damit man möglichst viele Knochenstückchen zum Abknabbern hat oder Frosch gehäckselt. Aber irgendwie sprechen mich diese Dinge nicht so richtig an (mal ganz abgesehen von meinem bevorzugt vegetarischem Leben). Und wenn man die Vielfalt von möglichen Gewürzen dieser Erde kennt, bin ich vielleicht auch ein wenig verwöhnt. Ich gebe es zu!

Als ich also Nachricht bekam von einem Indischen Geschäft im Ausländerviertel eilte ich umgehend dort hin um die 15 Gewürze Basisausstattung „Indien“ zu erwerben. Der Verkäufer, ein wie immer möglichst unfreundlich drein blickender Inder ohne den geringsten Wunsch etwas verkaufen zu wollen (ich glaub der Gesichtsausdruck gehört zur Grundausbildung für indische Verkäufer) zeigte dennoch ein leichtes Erstaunen ob meines Einkaufs. Und ich bin seitdem deutlich entspannter, denn nun kann ich mein Essen nach Belieben zu Hause würzen und verarbeiten. Jubel!!!!

Als Notfallnahrung besitze ich nun auch eine Packung Spagetti und passierte Tomaten im Glas dank des japanischen Kaufhauses, welches auch europäische Produkte verkauft. Zu Käse ab 5 US Dollar aufwärts und Wein ab 12 US Dollar aufwärts habe ich mich in Anbetracht des Klimas noch nicht durchringen können. Andererseits wurde ich nach meinem Hilferuf von deutschen und indischen Kollegen mehrfach zum Essen am Abend ausgeführt. Das ist in der Tat nicht so einfach, denn es wird bereits um 17:30 Uhr schlagartig dunkel und ich fahre um diese Zeit nur ungern lange Strecken durch die Stadt. Dies hat gleich mehrere Gründe: 1. es ist an vielen Stellen so dunkel, dass man die tiefen Löcher in der Straße manchmal zu spät bemerkt; 2. fahren die Rowdy Jugendlichen in einer affenartigen Geschwindigkeit mit ihrem Motorbikes durch die Stadt. 3. es empfiehlt sich lieber einem bekannten Tuk Tuk Fahrer zu vertrauen, weil man sonst evtl. nicht dort ankommt wo man hin will und sich ausgeraubt in einer Ecke wiederfindet.

Nichts desto trotz habe ich dadurch immerhin schon ein tolles Libanesisches Restaurant kennen gelernt, der Hummus und die Fladen waren sehr gut und den Wein konnte man auch gut trinken.

Wer passionierter Weißwein Trinker ist, mag dennoch ein wenig traurig sein wenn Eiswürfel den Wein im Geschmack schmälern ;-), geht aber bei der Hitze nicht anders.

Jetzt warte ich sehnsüchtig darauf, dass meine Pflanzen auf dem Balkon ihre erhoffte Größe von 15-25 cm Wuchshöhe erreichen, dann kann ich diese dünsten und habe so etwas wie Spinat. Lange wird es nicht mehr dauern, ich denke zu Ostern ist es soweit.


Meine ganze Hoffnung, zwei Kästen voller grün

Essen und Ausflug

Ein kulinarischer Höhepunkt war ein Ausflug mit meinen Kolleginnen von der Klinik. Die Mädels wollten mir unbedingt mal die schönen Seiten Phnom Penhs näher bringen und haben mich also ins Auto geladen. Nach 1 ½ Stunden Fahrt hatten wir es gerade mal bis vor die Tore von Phnom Penh geschafft. Da eine der Lieblingsbeschäftigungen der Kambodschaner ja bekanntlich Essen ist (ich hatte von der Häufigkeit berichtet) machten wir also erstmal ein Picknick. Dazu schlenderten wir über den Markt der zu diesem Picknick Platz gehört und kauften gefühlt 40 Speisen ein. In Wirklichkeit waren es vermutlich nur 10, aber interessant war es allemal. Es gab so ziemlich alles von A wie Apfelsinen bis Z wie zerlegtes Fleisch. Vieles liebevoll daheim zubereitet und zum Verkauf abgerichtet. An diesem Tag aß ich also vermutlich 18 Wachteleier (oder eine ähnliche Vogelgattung, ich konnte das nur am Ei festmachen) und endlos viel Jackfruit (von dieser kann ich jedoch nie genug haben). Aber auch die anderen Dinge waren sehr lecker. Wenn man alles eingekauft hat was man essen will, zieht man sich in Stelzenhäuser zurück. Hier nimmt man auf ausgelegten Matten Platz, isst und klönt und endet ggf. in einer der herumbaumelden Hängematten. Unten angefügt ein paar Bilder von uns und dem Essen.

Danach fuhren wir wieder zurück zur Stadt. Und da wir ca. 1 ½ Stunden nicht gegessen hatten, ging es am Hafen erstmal in einen „Frozen Yogurt“ Shop. Dort gibt es lecker Joghurteis, was man mit allerlei Schnickschnack dekorieren kann. Hiernach wartete dann eine kleine Bootstour auf dem Mekong auf uns, so dass ich mal die andere Stadtseite zu Gesicht bekam. Natürlich nahmen wir die Reste vom Picknick mit, hätte ja sein können, dass wir in der nächsten Stunde Hunger bekommen.

Auf der anderen Uferseite konnte man sehr deutlich die Unterschieden zwischen Arm und Reich sehen, falls sie einem in der Stadt noch nicht aufgefallen waren.

Ich bleibe dabei, wir leben in einer merkwürdigen Welt und sind alle ein Teil davon!
Nach dem tollen Bootsausflug musste es dann noch ein Abstecher in den sog. Mekong Tower sein, wo man oben im 27. Stock von einer Bar aus auf die Stadt schauen kann. Ist schon beeindruckend, aber auch ein wenig surreal. Wer gerne asiatische Ausländer treffen will (z.B. Japaner, Koreaner oder Malaien), der ist hier genau richtig. Die nötigen Getränke sich das Publikum schön zu trinken, sind in jedem Fall vorhanden.

zu beachten der Sack Jackfruit rechts oben


leider gehören Selfies zum Alltag
hier auf dem Markt


schönes Picknick
im Hintergrund die Hängematte

Riverside, seien wir ehrlich
Romantik sieht ein wenig anders aus

Wachteleier, Jackfruit und Lotussamen
gekocht und roh
ständig pellt oder schält man etwas

unverkennbar Armut

direkt daneben die schwimmende Bar
für "Reiche"

Insel im Mekong, auch hier Armut neben


Reichtum, diesmal ein
chinesischer Investor. Kein Sorge,
die Insel ist weitgehend verkauft.
Die Hütten kommen sicher bald weg.




Skyline.
Eine Frage der Zeit, bis diese Stadt komplett
zugepflastert ist mit Hochhäusern.