Meine Aufgabe:
Integrierter Experte am
National Pediatric Hospital auf der NICU „Neonatal Intensive Care Unit“ (die es
hier als Begriff nicht gibt, hier heiß alles ICU also „Intensive Care Unit“).
Wunsch an mich, die Leute so auf Vordermann bringen, dass sie eine moderne
Neonatologische Station führen können, als Vorzeigeobjekt für National Health
Service.
Die Realität:
ACHTUNG, vielleicht möchten dass nur Menschen mit Medizin
assoziierten Berufen lesen!
Himmel, wo soll ich
anfangen. Schön, wir bekommen ein neues Gebäude, dann sind die Kinderintensiv
und die Neonatologie endlich getrennt. Gesponsert wird das Ganze durch eine
koreanische Krankenhauskette. Das ist sicher wünschenswert wenn ich allein an
die Erkrankungsbilder der letzten Woche denke: Hämorrhagisches Fieber unklarer
Genese, HIV im Endstadium, neben offener Gastroschisis ca. 34 SSW, Herzfehler
ca. 33 SSW und 4 Monate mit Enzephalitis usw.
Aber sonst… ich benenne
einfach mal meine eindrücklichsten Momente:
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Eltern die ihren
6 Jahre alten Sohn, der von einem Traktor überfahren wurde, intubiert unter
Fentanyl, Morphin und Paracetamol mit Hämothorax und Pleuradrainage 36 Stunden mit der der Hand bebeuteln, weil wir
keine Beatmungsmaschine haben. Okay wir hatten mal sieben, davon arbeiten aber
nur noch zwei. Und wem nimmt man das Gerät dann weg. Dem Asphyxie Baby, von dem
die Eltern trotz aller drohender maximalen Behinderung wollen, dass es
überlebt. Oder dem Frühgeborenen mit Herzfehler, bei dem die Mutter
alleinstehend ist und eigentlich die Hoffnung auf ein Überleben schon
aufgegeben hat? Konsequenz: dem Herzbaby, was natürlich nach 24 Stunden wieder
schlecht wurde, reintubiert wurde und nun vermutlich über das ganze Wochenende
Hand-gebeutelt wird…
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Ein Säugling der
seit Dezember wegen ausgeprägter Tracheomalazie in Behandlung war und aktuell unter
4 Litern Sauerstoffzufuhr herumlag, wurde nach Hause entlassen, weil die Eltern
die Hoffnung aufgeben haben und leider verhungern müssen wenn sie nicht bald
wieder anfangen zu arbeiten. Er wird zu Hause gestorben sein.
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Man kann in
Kambodscha schon mit 28 SSW an der Brust trinken –JUBEL!
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Das Schicksal
eines Mädchens von 8 Jahren. Seine Mutter verließ es als Säugling. Pflegeeltern
nahmen es auf, liebten es, gaben Ihm ihr die Liebe die sie brauchte. Sie
wussten damals nicht, dass es HIV hat. Kümmerten sich aber trotzdem weiter nach
Kenntnis der Diagnose. Jetzt kam es im Endstadium ausgezehrt mit schwerem
Marasmus, Schnappatmung, Kaposi Tumoren überall, CD-4 Zellenzahl absolut 14.
Das Weinen der Pflegemutter war nur schwer zu ertragen, sie war so tapfer, ich
hätte am liebsten mitgeweint.
Und
das sind nur die eindrücklichsten Momente einer 5 Tage Woche!
Ihr findet die 0133 oder
0132 eng? Quatsch, wartet bis ich Bilder von den Säuglingszimmern gemacht habe.
Was, die Giraffe piepst Euch zu oft? Sei froh, dass der Inkubator überhaupt
funktioniert, ebenso der Wärmeplatz, der Perfusor etc.
Als ich das erste Mal die
Intensivstation betrat dachte ich, ich traue meinen Ohren nicht. Und
tatsächlich, da piepst so eine besch… Heizung von Fisher&Paykel und zwar 24
Stunden 7 Tage die Woche. Warum? Weil wir nichts anderes zum Anwärmen der Beatmungsluft
haben und die Heizung aber nicht kompatibel mit den Beatmungsschläuchen ist.
Beispiel gefällig?
Auch für alle Nichtmediziner zu ertragen!
Nach meiner Ankunft wurde
ich erstmal in einem Appartementhotel untergebracht. Es ist sehr schön und
gemütlich, hat viele grüne Pflanzen und liegt relativ ruhig, was in Phnom Penh
fast unmöglich ist. Es liegt günstig zum GIZ Büro (Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit), die quasi indirekt mein Arbeitgeber sind, da
sie mit der Kambodschanischen Regierung an der Verbesserung der
Mutter-Neugeborenen Gesundheit arbeiten. Aber es liegt super ungünstig zum
National Pediatric Hospital. Aktuell muss ich jeden Morgen und jeden Nachmittag
eine Stunde durch den verrückten Verkehr von Phnom Penh mit dem Fahrrad
pendeln. Ich brenne darauf, bald in die Nähe des Krankenhauses zu ziehen! Hier
ein kleines witziges Beispiel wie mein Alltag im Straßenverkehr aussieht.
Wenn wir alle bei grün
starten, klingt es so als ob ein Hornissenschwarm um mich herum wuselt. Nur
damit Ihr einen Eindruck habt ;-).
Meine Arbeitszeiten liegen
von 8-12 und von 14-17 Uhr. Wobei die Mittagspause absolut heilig ist. Wenn man
Vegetarier ist, überlebt man nur schlecht in Kambodscha, denn irgendein Tier
gehört immer ins Essen. Trotzdem haben sich meine Kollegen liebevoll um mich
gekümmert, damit ich mittags nicht verhungern muss. Sie sind sogar extra in ein
vegetarisches Restaurant mit mir auf dem Sozius gefahren. Aber man sieht ihnen
trotzdem an, dass sie leiden – grins. Es ist überhaupt bemerkenswert, wie wissbegierig
und lernwillig die jungen Assistenzärzte sind. Im Krankenhaus hat man bereits
am ersten Tag in der Konferenz, in der ich vorgestellt wurde um mich gerungen.
Denn man würde gern auch ganz zufällig eine Neurologie und Entwicklungsdiagnostik
aufbauen. Somit bin ich zwar grundsätzlich auf der Intensivstation zu finden,
laufe aber 2-3 x pro Woche zur Allgemeinstation mit zwei Säuglingszimmern und
zum Emergency Department zwecks Visite und Fallbesprechung.
Zusammenfassend kann
man sagen:
Ich bin hier absolut
richtig, ob ich etwas bewirken kann, wird sich zeigen. Es gibt hier immer noch
sehr viele armen Menschen und es tut mir weh mit anzusehen, dass Mütter ihre
Kinder aufgeben müssen, weil sie keine Hoffnung haben. Es ist erschreckend mit
welcher Skrupellosigkeit Deutsche und andere ausländische Firmen Ihren
Medizintechnikmüll Verkaufen und damit auch noch Profit machen. Denn wie soll
sich ein solch armes Land die Aufrechterhaltung solcher Maschinen leisten? Trotzdem
würde ich mir 4 weitere funktionierende Beatmungsgeräte wünschen – Hand bebeuteln,
ich fass‘ es nicht…. Und auch ein Sonographie Gerät, wo man nicht raten muss,
ob dass das Gehirn ist, wäre hilfreich. Aber nun arbeiten wir erstmal mit dem
was wir haben.
Säuglingsnahrung ist mit
10 US$ sau teuer. Trotzdem müssen die Mütter Formula Nahrung füttern bei
Frühgeborenen und bei reifen Kindern, weil sie für den Lebensunterhalt der
Familie sorgen müssen.
Es gibt viel zu tun, ich
freue mich darauf, muss aber nun dringend Khmer lernen.
Ich würde mich freuen, ich
schaut alle paar Wochen mal rein, ich werde versuchen im Abstand von 1-2 Wochen
zu berichten. Es wird immer mal wieder sehr medizinisch, ist ja klar. Aber ich
werde immer entsprechende Warnungen abgeben. Wer Fragen hat, gern auch an meine
direkte Mail: mayanara@gmx.de
Wer Urlaub machen will ist
ebenfalls herzlich willkommen. Sobald ich eine Mietwohnung bezogen habe, was noch
ca. 1-2 Wochen dauern wird, kann man sicher auch bei mir übernachten.
Mensch Maya,
AntwortenLöschendas hört sich schlimm an, kaum vorstellbar für uns verwöhnte und rundum versorgte Weichlinge.
Du hast meine uneingeschränkte Bewunderung für das, was Du tust.
Davon können wir uns alle ein paar Scheiben abschneiden.